Die jüdische Geschichte in Bayern ist eine Geschichte von Hoffnung, Verlust, Wiederaufbau und tiefer Verwurzelung. Für mich ist das Judentum jedoch mehr als eine Glaubensgemeinschaft – es ist ein wesentlicher Bestandteil der kulturellen und gesellschaftlichen Identität, die unsere Geschichte prägt und unsere Zukunft mitgestaltet.

Ich möchte dieses Grußwort mit einer persönlichen Geschichte beginnen. Eine alte, zerbrechliche Frau wurde 1945 in einer einzigen Nacht aus ihrem Haus in der Stadt Gyöngyös getrieben. Am nächsten Tag fand man sie und ihre Angehörigen auf der Straße – geschlagen, gedemütigt und schließlich ins Ghetto geschickt. Gemeinsam mit ihrer Tochter und deren Ehemann wurde sie von den Nazis verschleppt und einige Wochen später in Auschwitz ermordet. Ihre Enkel überlebten.

Was von dieser Frau blieb, ist ein Taschentuch – ein schlichter, unscheinbarer Gegenstand, getränkt mit Tränen, ein stummer Zeuge einer unermesslichen Tragödie, Unverständlichkeit und Leid, den mein Großvater aufbewahrt hat. Diese Geschichte meiner Vor fah ren ist ein Teil dessen, warum das Judentum für mich eine so tiefe Bedeutung hat.

Seit 2015 habe ich das große Privileg, Generalkonsul von Ungarn in Bayern zu sein. In dieser Zeit habe ich enge und herzliche Beziehungen zur Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern aufgebaut, insbesondere zu Frau Präsidentin Dr. h. c. mult. Charlotte Knobloch, deren Engagement und Stärke ich außerordentlich schätze. Die Kultusgemeinde ist für mich beispielhaft: Sie setzt sich nicht nur intensiv mit der Vergangenheit auseinander, sondern baut aktiv an einer gemeinsamen Zukunft. Ihre Mitglieder sind tief in München und Bayern verwurzelt – sie tragen wesentlich zur Kultur, Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik dieser Region bei.

Budapest beheimatet die zweitgrößte jüdische Gemeinschaft in Europa, die florierend und vielfältig ist. Trotz der verheerenden Verluste des Holocaust – bei dem 600.000 ungarische Jüdinnen und Juden, die meisten vom Land, brutal ermordet wurden, darunter auch Mitglieder meiner Familie – blieb Budapest bis Kriegsende ein Zentrum jüdischen Lebens.

Ungarn ist jedoch nicht nur für das europäische Judentum von Bedeutung. Unsere gemeinsame tausendjährige Geschichte mit Bayern, geprägt von Königinnen und Königen, symbolisiert die enge Verbundenheit unserer beiden Länder. Diese historische Verbindung hat tiefe gesellschaftliche Verpflichtungen hinterlassen, die bis heute in zahlreichen kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Partnerschaften zum Ausdruck kommen.

Ungarn hat seit 2010 eine Politik der Nulltoleranzgegenüber Antisemitismus eingeführt, und in Budapest leben Jüdinnen und Juden in Sicherheit, ohne die Angriffe und Vorfälle, wie sie leider in Teilen Westeuropas immer öfter vorkommen. Wir sprechen es laut aus, dass die massenhafte Migration Antisemitismus importiert. Ungarn ist ein starker Freund Israels und setzt sich entschieden für das jüdische Leben ein.

Für mich persönlich und beruflich war und ist es ein Herzensanliegen, enge Beziehungen zur Kultusgemeinde zu pflegen. Zum 80. Jahrestag der Wiedergründung der Israelitischen Kultusgemeinde München wünsche ich von Herzen alles Gute und viel Erfolg für die Zukunft.